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5 Jahre bundeseinheitliche Verträge: Leider wenig Grund zum Feiern

Verhandlungstisch, Schiedsstelle und manchmal Sozialgericht – so sieht der Verlauf von Vertragsverhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Heilmittelverbänden aus. Im aktuellen Kapitel dieser Saga hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Ende April über eine Klage der Physiotherapieverbände gegen Teile der Schiedssprüche aus 2021 entschieden. Nun liegt auch die Urteilsbegründung vor.
Themenschwerpunkt 4.2022: Lifehacks rund um die Versorgungsverträge
© maurusone

Ganz kurz zusammengefasst: Die Schiedsstelle hätte bereits im ersten Schiedsverfahren 2021 eine Vergütungsvereinbarung festsetzen müssen und muss darum nun im Nachhinein einen Ausgleich der Vergütungsausfälle für die Zeit vom 10. Januar bis 31. März 2021 regeln. Ein Punkt für die Verbände. In der zweiten Klage, bei der es u. a. um Faktoren für die Preisfindung ging, entschied das Gericht für die Schiedsstelle. Sie habe sich bei ihrer Entscheidung in einem zulässigen Rahmen bewegt.

Wenn Euch die Details interessieren, schaut einfach auf die Website von IFK, VPT oder Physio Deutschland, denn genau um dieses Kleinklein soll es heute hier gar nicht gehen. Schließlich ist das Urteil nur ein Symptom für eine Entwicklung, die gerade ganz furchtbar falsch läuft. Statt sich mit dem großen Ganzen, der Zukunft der Berufe und dem Weg dorthin zu befassen, streiten GKV und Verbände ebenso wie die Verbände untereinander kleinteilig über einzelne Punkte. Und das seit nunmehr fünf Jahren, denn im Mai 2019 trat das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TVSG) in Kraft, das bundeseinheitliche Preise und Verträge für die Heilmittelberufe eingeführt hat.

Wir nehmen dieses Jubiläum zum Anlass, auf die vergangen fünf Jahre zurückblicken. Dabei fällt auf, dass es leider wenig Grund zum Feiern gibt. Denn gestalterisch hat sich nichts Wesentliches getan. Es gibt zum Beispiel weiterhin Leistungsbeschreibungen, die nicht weiterentwickelt wurden und mit denen niemand zufrieden sein kann. Ja, die Vergütung ist gestiegen, aber auf die Frage, wie die Berufe in weiteren fünf oder zehn Jahren aussehen sollen, gibt es immer noch keine Antwort. Stattdessen wird an allen Fronten kleinteilig gestritten. Die Schuld dafür nur den Verbänden oder nur der GKV zuzuschieben, wäre zu kurz gegriffen. Vielmehr liegt der Fehler im System. Mehr dazu lest Ihr in im Artikel „Nach 5 Jahren Vertragsverhandlungen auf Bundesebene: Viel Streit und überforderte Verhandlungspartner“, der eine Bilanz zu den vergangenen fünf Jahren zieht und aufzeigt, worüber wir unbedingt reden müssen.

Auch wenn bei den Verträgen aktuell noch einiges verbessert werden könnte, müssen wir in der Zwischenzeit mit dem Arbeiten, was wir haben. Wie Euch das am effizientesten gelingt, darum geht es im Praxisforum „GKV-Versorgungsverträge verstehen und pragmatisch umsetzen“ am Freitag, den 7. Juni 2024. Ab 9 Uhr könnt Ihr aus 18 Online-Vorträgen zu drei thematischen Schwerpunkten auswählen. Da geht es zum einen um die Grundlagen. Niemand muss die Verträge auswendig kennen, aber es ist wichtig zu wissen, wo was steht, wenn es zum Beispiel darum geht, sich gegen Absetzungen zu wehren. Der Behandlungsvertrag ist ein weiterer Themenschwerpunkt. Denn dadurch setzt Ihr die abstrakten Vorgaben aus den Versorgungsverträgen konkret in Euren Praxen um. Der dritte Themenschwerpunkt dreht sich rund um Abrechnung und Bezahlung. Denn am Ende muss die Kasse stimmen, damit Ihr auch morgen noch für Eure Patientinnen und Patienten da sein könnt.

Physiotherapeutinnen und -therapeuten können ihre Patient:innen mit „Störungen der Atmung“ künftig noch besser versorgen. Denn der G-BA hat gestern entschieden, die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf um die beiden Diagnosen „J84.10 Sonstige interstitielle Lungenkrankheiten mit Fibrose“ und „J84.80 Sonstige näher bezeichnete interstitielle Lungenkrankheiten“ zu erweitern. Die Änderung soll ab dem 1. Oktober 2024 in Kraft treten.

Bevor ich Euch ein schönes Pfingstwochenende wünsche, habe ich noch einen Hör- und Lesetipp für Euch. In der aktuellen up erzählt uns die Ergotherapeutin und Praxisinhaberin Sandra Altrogge, warum Fachkräftemangel in ihrer Praxis ein Fremdwort ist. Als sie vor vier Jahren in die Selbständigkeit gestartet ist, hat sie sich vorgenommen, Arbeit anders zu denken. Was sie damit meint und wie sie das umgesetzt hat, könnt Ihr in diesem Artikel nachlesen. Außerdem war Sandra im vergangenen Herbst zu Gast im up-podcast. Hört doch mal rein in die Folge „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.“

Bis nächste Woche

Euer

Ralf Buchner

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